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 Was ist Geschäftsdesign? Definition und Abgrenzung
Ein Mann arbeitet mit einem Marker und Haftnotizen an einem gläsernen Whiteboard.Ein Mann arbeitet mit einem Marker und Haftnotizen an einem gläsernen Whiteboard.

Geschäftsdesign: Die strategische Antwort auf eine veränderte Geschäftswelt

Geschäftsdesign klingt wie ein neumodischer Begriff aus der Start-up-Welt. Ist es aber nicht. Tatsächlich ist es die logische Konsequenz einer Erkenntnis, die bereits 1969 ein Nobelpreisträger formuliert hat – und die heute relevanter ist denn je. Die Geschäftswelt hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten fundamental gewandelt. Was früher funktionierte, führt heute oft ins Leere. Während viele Unternehmen noch immer nach alten Regeln spielen, haben sich die Spielregeln längst geändert. Die Lösung liegt in einem strategischen Ansatz: Geschäftsdesign.

Was ist Geschäftsdesign? Eine Definition

Geschäftsdesign ist die strategische Entwicklung oder Transformation eines Unternehmens mit den Methoden aus Design Thinking, Innovationsmanagement und Systemdenken. Es geht darum, Geschäftsmodelle, Produkte und Services konsequent kundenzentriert, iterativ und interdisziplinär zu gestalten – mit dem Ziel, nachhaltige Differenzierung und Wert zu schaffen.

Die wissenschaftliche Grundlage: Herbert A. Simon

Der Nobelpreisträger und Pionier der Entscheidungstheorie definierte Design bereits 1969 auf eine Weise, die bis heute wegweisend ist:

Portrait von Herbert A Simon.

„Everyone designs who devises courses of action aimed at changing existing situations into preferred ones.“

– Herbert A. Simon, Sozialwissenschaftler und Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften

Übersetzt bedeutet das: Jeder Mensch, der Handlungsabläufe entwickelt, um bestehende Situationen in bevorzugte zu verwandeln, designt.

Diese Definition zeigt: Geschäftsdesign ist kein Trend, sondern die natürliche Anwendung von Design-Prinzipien auf Geschäftstätigkeit. Wenn Unternehmer:innen ihre Geschäftsmodelle entwickeln, um Märkte zu ihren Gunsten zu verändern, betreiben sie bereits Geschäftsdesign – meist nur ohne es zu wissen.

Business Design und Geschäftsdesign: Dasselbe Konzept, verschiedene Sprachen

Im englischen Sprachraum spricht man von „Business Design” – eine Methode, die Design Thinking mit Business Modeling kombiniert, um innovativ und wirtschaftlich an Kundenschnittstellen zu arbeiten. Geschäftsdesign ist die deutsche Entsprechung genau dieses Ansatzes.

Der Begriff „Geschäftsdesign” macht die Intention im deutschen Sprachraum deutlicher: Es geht nicht nur um das Entwerfen von Produkten oder Services, sondern um das bewusste Gestalten des gesamten Geschäfts.

Warum Geschäftsdesign heute unverzichtbar ist

Die Spielregeln der Wirtschaft haben sich fundamental geändert. Was früher funktioniert hat und heute immer noch funktioniert: bessere Produkte zu günstigeren Preisen. Allerdings hat sich verändert, was „besser” bedeutet und wie man „besser” erzielt. Noch wichtiger: Niemand will mehr die günstigeren Preise machen, denn das führt in einen zerstörerischen Preiskampf. Märkte sind gesättigt, Kund:innen übersättigt, und traditionelle Differenzierungsmerkmale lassen sich binnen Wochen kopieren. Das Ergebnis ist ein Hamsterrad, aus dem Unternehmen ausbrechen wollen.

Die Silhouette einer Frau vor einem riesigen Bildschirm, der symbolisch unendlich viele Daten anzeigt.
Uns erreichen mehr als 4.000 Werbebotschaften pro Tag. Manche Schätzungen gehen inzwischen sogar von 10.000 aus.

Die neue Realität

  • Informationsüberfluss: Kund:innen haben Zugang zu nahezu perfekten Informationen über Angebote, Preise und Alternativen
  • Produktüberfluss: Das Angebot übersteigt die Nachfrage bei weitem und die Märkte sind übersättigt mit austauschbaren Produkten
  • Verkürzte Innovationszyklen: Was heute revolutionär ist, ist morgen Standard
  • Veränderte Erwartungen: Kund:innen erwarten nicht nur Produkte, sondern Erlebnisse und Problemlösungen

In dieser Realität braucht es einen neuen Ansatz: Geschäftsdesign.

Geschäftsdesign vs. Geschäftsentwicklung: Der entscheidende Unterschied

Auf den ersten Blick klingen Geschäftsdesign und Geschäftsentwicklung ähnlich. Beide beschäftigen sich mit der strategischen Weiterentwicklung von Unternehmen. Doch die Unterschiede liegen in der Herangehensweise, dem Ausmaß und dem Fokus.

Geschäftsentwicklung akzeptiert das bestehende Marktumfeld. Sie arbeitet mit den gegebenen Wettbewerbern, den bekannten Kundensegmenten und den etablierten Spielregeln. Das Ziel: innerhalb dieser Grenzen besser zu sein als die Konkurrenz. Mehr Effizienz, niedrigere Kosten, besserer Service.

Diese Strategie funktioniert – für eine gewisse Zeit. Dann ziehen die Mitbewerber nach, kopieren die Verbesserungen, und der Konkurrenzkampf beginnt von neuem. Das Unternehmen läuft im Hamsterrad der kontinuierlichen Optimierung.

Portrait von Many Klenk.

„Ein Geschäft zu gestalten bedeutet, auch das Marktumfeld bewusst zu gestalten.“

– Many Klenk, Gründer, Markenarchitekt, mut. Büro für Geschäftsdesign

Geschäftsdesign denkt radikaler. Es gestaltet nicht nur das eigene Geschäft, sondern auch das Marktumfeld bewusst mit. Statt sich in bestehenden Kategorien zu behaupten, schafft Geschäftsdesign neue Kategorien, definiert neue Kundensegmente und etabliert neue Bewertungskriterien.

Die Methoden machen den Unterschied

Während Geschäftsentwicklung primär auf Analyse, Benchmarking und Optimierung setzt, nutzt Geschäftsdesign Methoden wie:

  • Wettbewerbsdesign: Die bewusste Gestaltung des Konkurrenzumfeldes
  • Kundendesign: Die Entwicklung neuer Zielgruppen und Bedürfnisse
  • Kategoriedesign: Die Schaffung völlig neuer Marktkategorien
  • Positionierung: Die Definition neuer Bewertungskriterien zur Abgrenzung von Wettbewerbern

Das Ergebnis: Strukturelle statt sichtbare Differenzierung

Geschäftsentwicklung schafft sichtbare Verbesserungen – schneller, günstiger, besser. Geschäftsdesign schafft strukturelle Differenzierung. Es verändert die Spielregeln so grundlegend, dass Wettbewerber nicht einfach kopieren können, sondern in einem völlig neuen Spiel mitspielen müssen – einem Spiel, dessen Regeln sie nicht definiert haben.

Das Ergebnis: Der Wettbewerb wird irrelevant. Wer kopiert, läuft hinterher – in einem Markt, den das Unternehmen selbst gestaltet hat.

Geschäftsentwicklung optimiert bestehende Systeme. Geschäftsdesign transformiert sie grundlegend.

Abgrenzung: Was Geschäftsdesign NICHT ist

Corporate Design ≠ Geschäftsdesign

Corporate Design beschäftigt sich mit dem visuellen Erscheinungsbild eines Unternehmens: Logo, Farben, Schriftarten, Gestaltungsrichtlinien. Geschäftsdesign hingegen gestaltet die fundamentale Art, wie ein Unternehmen Wert schafft und mit Kund:innen interagiert.

Geschäftsmodell & Geschäftsmodellinnovation ≠ Geschäftsdesign

Geschäftsmodelle beschreiben die logischen Zusammenhänge, wie ein Unternehmen Wert generiert und Ertrag erzielt. Sie sind meist zahlengetrieben und analytisch. Geschäftsmodellinnovation konzentriert sich auf die Optimierung bestehender Modelle. Geschäftsdesign nutzt kreative Methoden, um völlig neue Modelle zu entwickeln und gestaltet dabei auch die Marktumgebung und gesamte Wertschöpfungskette neu.

Unternehmensberatung ≠ Geschäftsdesign

Traditionelle Unternehmensberatung analysiert bestehende Strukturen und empfiehlt Optimierungen. Dies geschieht oft durch externe Berater in getrennten Projekten. Geschäftsdesign arbeitet kollaborativ mit internen Teams und nutzt kreative, iterative Methoden zur gemeinsamen Gestaltung neuer Lösungen.

Change Management ≠ Geschäftsdesign

Change Management reagiert auf notwendige Veränderungen und hilft Organisationen dabei, sich anzupassen. Geschäftsdesign ist proaktiv: Es gestaltet Veränderungen bewusst und strategisch, um Märkte zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen, statt nur auf externe Veränderungen zu reagieren.

Viele ineinander verschlungene Hände stellen ein Gehirn dar. Dazu die Beschriftung mit den sechs zentralen Prinzipien von Geschäftsdesign: 1. Kundenorientierung als Grundprinzip, 2. Innovation durch Design Thinking, 3. Machbarkeit und Validierung, 4. Interdisziplinarität als Erfolgsfaktor, 5. Nachhaltige Wertschöpfung, 6. Radikale Differenzierung

Die Anatomie von Geschäftsdesign: Sechs zentrale Prinzipien

1. Kundenorientierung als Grundprinzip

Geschäftsdesign beginnt nicht bei der Frage „Was können wir verkaufen?”, sondern bei „Welchen Wert können wir für unsere Kund:innen schaffen, den sonst niemand schafft?” Diese Orientierung geht weit über Marktforschung hinaus. Sie erfordert tiefes Verstehen, Empathie und kontinuierlichen Dialog.

Das Ziel: Angebote zu entwickeln, die Kund:innen als unverzichtbar empfinden.

2. Innovation durch Design Thinking

Geschäftsdesign nutzt bewährte kreative Methoden:

  • Iterative Entwicklung statt linearer Planung
  • Prototyping und schnelle Tests
  • Interdisziplinäre Teams
  • Nutzerzentrierte Innovationsprozesse

Diese Methoden stammen ursprünglich aus der Produktentwicklung, erweisen sich aber als hocheffektiv für die Entwicklung ganzer Geschäftsmodelle.

3. Machbarkeit und Validierung

Kreativität ohne Umsetzbarkeit ist nutzlos. Geschäftsdesign verbindet kreative Ideenentwicklung mit rigoroser Prüfung der Realisierbarkeit:

  • Strategievalidierung durch Prototypen und Tests
  • Markt- und Zielgruppenvalidierung
  • Operative und organisationale Machbarkeit
  • Wirtschaftliche Tragfähigkeit

4. Interdisziplinarität als Erfolgsfaktor

Geschäftsdesign bricht Silos auf. Statt dass Marketing, Entwicklung, Vertrieb und Strategie isoliert arbeiten, entstehen interdisziplinäre Teams. Diese Vielfalt der Perspektiven führt zu robusteren und innovativeren Lösungen.

5. Nachhaltige Wertschöpfung

Es geht nicht um kurzfristige Gewinne, sondern um langfristige Wertschöpfung für alle Beteiligten:

  • Kund:innen erhalten echten Wert
  • Unternehmen schaffen nachhaltige Differenzierung
  • Mitarbeiter:innen arbeiten an sinnvollen Projekten
  • Gesellschaft profitiert von besseren Lösungen

6. Radikale Differenzierung

Das ultimative Ziel von Geschäftsdesign ist es, für Kund:innen alternativlos zu werden. Nicht durch Marktmacht oder unfaire Praktiken, sondern durch den empfundenen Wert und die Bedeutung, die Kund:innen dem Angebot beimessen. Das Ergebnis: Kund:innen wollen gar keine Alternative.

Fünf Menschen stehen im Rahmen eines Workshops vor einem Whiteboard.

Die besondere Rolle von Menschen mit Design-Hintergrund

Herbert A. Simons Definition zeigt es deutlich: Jeder Mensch designt. Geschäftsdesign ist keine Raketenwissenschaft, die nur Auserwählte beherrschen können. Trotzdem haben Menschen mit Design-Hintergrund eine besondere Rolle in diesem Bereich.

Ihre Ausbildung und ihr Talent bringen entscheidende Fähigkeiten mit sich:

  • Systemisches Denken: Die Gewohnheit, komplexe Zusammenhänge zu durchdringen
  • Nutzerzentriertheit: Echtes Verstehen der Bedürfnisse und Motivationen
  • Iterative Arbeitsweise: Schnelle Prototypen statt langwieriger Planungsphasen
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Erfahrung darin, verschiedene Perspektiven zu integrieren
  • Problemlösungskompetenz: Gewohnte Herangehensweisen an komplexe Herausforderungen

Diese Art zu sehen und zu verstehen macht sie zu wertvollen Partnern für Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit strategisch gestalten wollen.

Fazit: Geschäftsdesign als strategische Notwendigkeit

Geschäftsdesign verbindet das Beste aus zwei Welten: die Kreativität und Nutzerzentriertheit des Designs mit der Systematik und Wirtschaftlichkeit der Unternehmensführung. Es ist weder Trend noch Modeerscheinung, sondern die logische Antwort auf veränderte Marktbedingungen.

Unternehmen stehen heute vor einer einfachen Wahl: Sie können Geschäftsdesign nutzen, um ihre Märkte aktiv zu gestalten – oder sie werden von anderen gestaltet, die diese Methoden bereits beherrschen.

Die Entscheidung, ob Ihr Unternehmen die Zukunft gestaltet oder von ihr gestaltet wird, fällt heute.